Richard Strauss: Capriccio

Wiener Staatsoper 15.6.

Dirigent: Peter Schneider
Inszenierung: Marco Arturo Marelli
Die Gräfin: Renée Fleming
Der Graf,ihr Bruder: Morten Frank Larsen
Flamand,ein Musiker: Michael Schade
Olivier,ein Dichter: Adrian Eröd
La Roche,ein Theaterdirektor: Wolfgang Bankl
Die Schauspielerin Clairon: Angelika Kirchschlager

Für mich war Capriccio – Richard Strauss‘ Alterswerk – die Opernentdeckung des Jahres. Ist sie doch das einzige mir bekannte Werk, dass sich mit der Ästhetik der Oper coram publico auseinandersetzt. Der Kern der Handlung besteht in einem Streit zwischen dem Dichter Olivier und dem Musiker Flamand im Salon der Gräfin, ob der Literatur oder der Musik der Vorrang in der Kunst zukomme. Die Auseinandersetzung endet in der Komposition einer Oper, die wiederum diesen Tag des Streites zum Thema hat.

Garniert ist der Konflikt mit ironischen Einlagen. So treten etwa zwei italienische Sänger auf und führen das Genre der italienischen Oper ironisch vor. Das Ergebnis ist ein auf mehreren Ebenen ironisch gebrochener Opernabend, der das Publikum explizit mit ästhetischen Fragen unterhält. Bei einem Roman würde man von raffinierter Metafiktionalität sprechen. Selbstverständlich gibt es auch eine Unmenge an Anspielungen auf das Opernrepertoire.

Musikalisch und inszenatorisch war der Abend ebenfalls gelungen. Nicht nur Renée Fleming als Gräfin lieferte eine tolle Leistung ab.

Leider wird das Lob der Oper durch eine geschichtliche Tatsache getrübt: Sie wurde am 28. Oktober 1942 im Münchner Nationaltheater uraufgeführt. Mitten im zweiten Weltkrieg und am Höhepunkt des Nationalsozialismus sich in Fragen der Opernästhetik zu flüchten, mag menschlich verständlich sein. Politisch ist es ein Desaster.

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