Josef Winkler: Laß dich heimgeigen, Vater, oder Den Tod ins Herz mir schreibe

Viel Gegenwartsliteratur lese ich bekanntlich nicht. Eine Ausnahme mache ich für Josef Winkler, der in seiner Literatur primär das Trauma seiner Kindheit und Jugend in Kärnten verarbeitet. Zusätzlich seine Reisen (Indien!). Das neue Buch mit dem komplizierten Titel kehrt zum semantischen Kern zurück: Eine neue Iteration über das Aufwachsen in Kärnten. Der Anlass dafür scheint die neue Erkenntnis zu sein, dass ein übler Massenmörder der Nazis, Odilo Globocnik auf dem Gemeinschaftsfeld seines Heimatdorfs Kamering verscharrt wurde. Damit wäre das strukturelle Leitmotiv des Romans benannt: Wie bei Wagner kommt es immer und immer wieder. Ein düsterer Höhepunkt der damals bis heute so naziaffinen Kärntner. Kein Wunder also, dass die rechtsradikale FPÖ versucht, den Autor durch eine Klage einzuschüchtern.

Hätte man das Buch vor einigen Jahren noch primär historisch gelesen, liest es sich in Zeiten der Regierung Kurz samt rechtspopulistischem Rhetorikdauerfeuer beklemmend aktuell. Auch wenn solche deprimierenden Romane nichts an der Gegenwart ändern werden, dokumentieren sie doch die soziomentalen Faktoren, welche zu diesen wiederkehrenden politischen Katastrophen in Österreich führen. Wobei es unfair wäre, Laß dich heimgeigen, Vater, oder Den Tod ins Herz mir schreibe auf den politischen Gehalt zu reduzieren. Wie alle Romane Winklers ist es ein sprachlich und ästhetisch hoch reflektiertes und klug komponiertes Sprachkunstwerk.

  • Josef Winkler: Laß dich heimgeigen, Vater, oder Den Tod ins Herz mir schreibe. (Suhrkamp)
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