Angst essen Seele auf

Filmmuseum 1.5.
D 1973
Regie: Rainer Werner Fassbinder

Das Wiener Filmmuseum widmet sich im Mai dem Kontinent Fassbinder. Es werden nicht zur zahlreiche Hauptwerke gezeigt, sondern auch Filme von Regisseuren, die Fassbinder geprägt haben (z.B. Godard) bzw. von Fassbinder beeinflusst wurden (z.B. Schlingensief, Aki Kaurismäki).

„Angst essen Seele auf“ ist einer seiner besten Filme. Die Differenziertheit der Wirklichkeitsdarstellung ist unübertroffen, und die Feinheit der Abstufungen, mit der Fassbinder die Reaktion der Umwelt auf die Beziehung einer sechzigjährigen deutschen Putzfrau (Brigitta Mira) mit einem viel jüngeren Marokkaner (El Hedi ben Salem) zeigt, ist nicht nur vor dem Hintergrund der sonstigen Hollywood-Plattheiten eine Wohltat.

Fassbinder vermeidet alle Klischees. In einer Art strukturellen Spiegelung lebt sich das ungewöhnliche Liebespaar genau dann langsam auseinander als ihre kleinbürgerliche Umwelt beginnt, sich an die beiden zu gewöhnen. Zu groß sind die gesellschaftlichen Verletzungen und auch Emmi kann trotz ihrer Gutmütigkeit nicht umhin, Ali ihren Kolleginnen wie ein Tier vorzuführen als sich diese entschließen, sie wieder zu besuchen. Dass die beiden Polizisten, von empörten ausländerfeindlichen Nachbarn gerufen, zu den wenigen toleranten Menschen des Films gehören, ist ein kleines, aber präzises Detail, das Fassbinders brillanten Realismus (inhaltlich, nicht formal gemeint) belegt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*

code