W.G. Sebald: Austerlitz. Roman

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Auf Sebald wurde ich vor längerer Zeit – also vor der Luftkrieg-Debatte – durch ungewöhnlich positive angloamerikanische Rezensionen aufmerksam. Wie ich jetzt weiß, hat dieses Aufmerken der Literaturkritik durchaus literarische Gründe und hängt nicht damit zusammen, dass Sebald seit Jahrzehnten in England lebt.

Das ungewöhnlichste an dem Roman fällt bereits beim ersten Durchblättern auf: Der Text wird durch eine Fülle von seltsam traurig anmutenden Schwarzweißfotographien unterbrochen. Der Ich-Erzähler erhielt das Fotokonvolut von Austerlitz, der ihm während verschiedener Treffen seine unerfreuliche Lebensgeschichte erzählt. Die Fotografien durchbrechen scheinbar die Fiktionalität des Romans, weshalb sich eine lange literaturtheoretische Abhandlung darüber schreiben ließe, wofür hier aber nicht der Ort ist 🙂

Bei der Lektüre des Buches fühlte ich mich mehrmals an Romane von Thomas Bernhard erinnert, was nicht als Epigonalitätsvorwurf gemeint ist. Aber die langen Monologe des Protagonisten mit häufigen Konstruktionen wie „dachte ich, sagte er“ erinnern ebenso an Bernhard wie eine Reihe von inhaltlichen Motiven, etwa eine lang geplante, jedoch nie niedergeschriebene große Studie oder die Konstruktion des Austerlitz als Geistesmensch.

Allerdings gibt es mehr gelehrte Exkurse als bei Bernhard. Auch der Stil Sebalds ist autonom, etwa wenn es ihm seltsamerweise gelingt, poetische Effekte durch botanische Exkurse zu erreichen. Definitiv wird das nicht mein letztes Buch von Sebald gewesen sein.

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