Reise-Notizen Paris (2): Louvre

Damit wäre gleich der Hauptgrund meiner Reise genannt, nämlich die Erkundung des größten Museums der Welt. Ich hatte Zeit für drei Besuche, deren jeder fünf bis sechs Stunden dauerte. Viel zu kurz naturgemäß, um alles mit der notwendigen Aufmerksamkeit anzusehen. Ausreichend aber, um mir einen Überblick über alle Sammlungen zu verschaffen, und wenige im Detail anzusehen. Leider war die Abteilung mit griechischer, etruskischer und römischer Kunst wegen Umbau geschlossen.

Beginnen möchte ich aber mit ein paar praktischen Hinweisen. Wer nicht Schlange stehen will, sollte sich vor dem Besuch den Pariser Museumspass besorgen, den es mit unterschiedlicher Gültigkeitsdauer gibt. Damit kann man dann die beiden Seiteneingänge „Porte de Lion“ oder „Richelieu-Passage“ nutzen. Ich kam jedes Mal ohne zu warten hinein. Wer Gelegenheit hat, die Abendöffnungszeiten am Mittwoch und Freitag (bis 22 Uhr!) zu nutzen, sollte diese unbedingt wahrnehmen. Nach 19 Uhr ist es für Pariser Verhältnisse vergleichsweise ruhig im Museum.

Besonderes Augenmerk richtet ich auf drei Abteilungen: Die orientalische Sammlung, die ägyptische Sammlung sowie den italienischen Teil der Gemäldegalerie. Mir war der Louvre vor allem als Gemäldegalerie bewusst, weshalb mich die Fülle und Qualität der orientalischen Exponate überraschte. Herausragend die die Palastausstattung des persischen Königs Dareios I. Monumentale Löwenreliefs auf hellblauer und beiger Keramik. Wer Herodot gerne liest*, wird die Fülle an Anschauungsmaterialien aus dieser Zeit zu schätzen wissen. Die berühmte Stele des Hammurabi mit dem noch berühmteren Rechtscodex ist dort ebenfalls ausgestellt. Gewaltige assyrische Wandreliefs sind ein weiterer Höhepunkt.

Aber auch die weniger spektakulären Exponate sind vom ersten Rang. So sieht man viel von den Erfindern des Alphabets und deren Handelsimperium, den Phöniziern. Die Levante ist aus „kolonialen Gründen“ selbstverständlich ebenfalls gut vertreten.

Die ägyptische Abteilung verteilt sich über dreißig zum Teil sehr große Räume. Die Anordnung ist teils chronologisch, teils thematisch. Napoleon hat bei seiner Plünderung der Kunstschätze jedenfalls einen guten Geschmack bewiesen (besser: sein Tross an Gelehrten), so dass man nun eine sehr repräsentative Sammlung besichtigen kann. Der lebensechte Realismus des „Hockenden Schreibers“ lässt einen kaum vermuten, dass man hier eine 4500 Jahre alte Skultur vor sich hat. Eines der schönsten antiken Kunstwerke, die ich bisher sah.

Die Gemäldegalerie ist ob ihrer Fülle kaum zu bewältigen. Speziell die französische Malerei vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert füllt ganze siebenundsiebzig Räume. Deshalb konzentrierte ich mich auf das 19. Jahrhundert, speziell die Klassizisten und Romantiker. Delacroix‘ Meisterwerk „Das Floß der Medusa“ ist im Original viel dunkler als es die mir bekannten Reproduktionen vermuten ließen. Unmittelbar daneben hängt eines meiner Lieblingsbilder: Dante und Vergil in der Hölle. An derselben Wand die Revolutions-Ikone „Die Freiheit führt das Volk“, mit dem Jungen auf der rechten Seite, der mich nun nach der Lektüre „Der Elenden“ immer an den kleinen Gavroche denken läßt. Ein Raum vorher Davids „Eid der Horatier“, kurz ein Meisterwerk reiht sich an das andere.

Die „Mona Lisa“ wurde nun so platziert, dass die Touristen sich davor nicht mehr zu Tode trampeln und man auch aus der Entfernung bzw. von der Seite das Bild noch gut erkennen kann. Vor dem Eingang zur „Mona Lisa“ hängt ein schöner Raffael für den sich kaum jemand zu interessieren scheint. Der Louvre hängt voller hochkarätiger Gemälde, die der „Mona Lisa“ ästhetisch in nichts nachstehen. Trotzdem rennen alle schnurstracks zu ihr. Einsame Vermeers, wenig besuchte Rembrandts sind die Folge, was für den echten Kunstfreund natürlich angenehm ist. So konnte ich mir Rembrandts faszinierende „Bathsheba“ lange ungestört ansehen. Rembrandt wählte den Moment, wo Bathsheba die „Einladung“ König Davids zum außerehelichen Geschlechtsverkehr gerade las, wohl bereits ahnend, dass ihr Gatte diese Begierde nicht überleben wird. Die psychologische Genauigkeit Rembrandts ist frappant! Die deutsche und niederländische Malerei ist in vielen Werken vertreten.

Vermutlich gibt es keinen besseren Ort der Welt als Paris, um Kunstgeschichte zu studieren. Qualität & Quantität & Vielfalt werden wohl von keinem anderen Museum übertroffen. Eine gute Woche nach meinem letzten Besuch, wäre ich bereits gerne wieder dort.

* Siehe meine Reihe über Herodots „Historien“: Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4 und Teil 5.

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