Museum der Stadt Bad Ischl oder über das Kulturverständnis der Provinz

22.2. 2009

Vor gut einem Monat hatte ich das Vergnügen, das „Museum der Stadt Bad Ischl“ zu besuchen. Wer in Ischl unterwegs ist, dem fällt schnell auf, dass an allen Ecken und Enden auf das Stadt-Sein hingewiesen wird, ganz so, als sei man sich dessen doch nicht ganz sicher und müsste sich die Verortung auf der Urbanitätsskala, wenn auch ganz unten, ständig selbst bestätigen.

Nun könnte man einwenden: Was in aller Welt hat in einem Hochkultur-Blog ein Bericht über diese provinzielle Entität zu  suchen? Der Grund heißt Heinz Knapp, ein „Künstler“, der hier eigentlich auch nicht erwähnt werden dürfte, stünde er nicht symptomatisch für die kulturelle und ästhetische Rückständigkeit der Provinz. Ihm ist im „Museum der Stadt Bad Ischl“ eine Sonderausstellung gewidmet, was mehr über das Kunstverständnis der Verantwortlichen aussagt als man eigentlich wissen will.

Das Museum selbst führt anhand „klassischer“ Exponante durch die Stadtgeschichte. Die Räume sind durchaus sorgfältig kuratiert und vermitteln interessante historische Einblicke. Erwartungsgemäß fehlt aber jedes kritische Bewusstsein. Der Franz-Josefs- und Sissi-Kult feiert fröhliche Urständ – an der Museumskasse gibt es sogar Sissi-Handschmuck käuflich zu erwerben – und man ist bereits positiv darüber überrascht, dass die Unterzeichnung der Kriegserklärung in Ischl erwähnt wird.

Der Unterhaltungstonsetzer Franz Lehár wird ständig servil als „Meister Lehár“ tituliert, woran Freunde der gepflegten Schnulze sicher ihre Freude haben.

Höhepunkt des Hauses die Sarsteinersammlung. Hans Sarsteiner (1839-1918) tat das Naheliegende: Er flüchtete regelmäßig aus Bad Ischl und unternahm eine Reihe von Weltreisen. Er brachte viele Exponate zurück nach Österreich, die jetzt im Museum zu sehen sind. Das bringt einen tröstlichen Hauch von weiter Welt in diese Räume, denn man erwartet keinen Samurai-Harnisch in einem oberösterreichischen Museum.

Man könnte die Form der Sonderausstellung nutzen, um kritisch einige Mythen der Stadt zu hinterfragen. Man könnte jungen Gegenwartskünstlern ein Forum bieten. Man könnte ein intellektuelles Kontrastprogramm anbieten als Gegenpol für die kulturelle Ödnis der Stadt. Stattdessen lädt man Heinz Knapp ein, seinen „Passionszyklus“ auszustellen. Warum ein Mensch mit Verstand im 21. Jahrhundert religiöse Splatterthemen als Sujet wählt, soll hier gar nicht hinterfragt werden. Dass dies aber in einer künstlerisch derartig peinlichen Form geschieht, ist eine Provinzposse ersten Ranges. Die „besten“ Bilder zeugen von dreister Klee-Epigonalität und die Skulptur im Raum (Goliath, wenn ich mich recht erinnere) erinnert ironiefrei an die Blechkulissen von Science Fiction Serien aus den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts.

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