Was lesen Kamikaze-Piloten?

Nicht alle wissen, dass die Ehre, mit einem Flugzeug als lebende Bombe auf amerikanische Kriegsschiffe zu rasen, vor allem japanischen Eliteabsolventen vorbehalten war. Bevorzugt wurden Geisteswissenschaftler:

It was also typical that he was a humanties student. Engineers and the like were deemed to be less expendable in a country at war and thus not asked to volunteer for an early death.

Die Rede ist von Sasaki Hachiro, einem der Piloten, von dem Ian Buruma in seinem Artikel „Suicide for the Empire“ anläßlich wichtiger Neuerscheinungen dazu berichtet* (The New York Review of Books Nr. 18/2002). Wir erfahren auch, womit sich der junge Japaner beschäftigte, bevor er diesen sinnlosen Tod starb:

Sasaki was a keen reader of, among others, Engels, Marx, Schopenhauer, Bentham, Mill, Rousseau, Plato, Fichte, Carlyle, Tolstoy, Romain Rolland, Erich Maria Remarque, Weber, Chekhov, Wilde, Mann, Goethe, Shakespeare, Tanizaki, Kawabata and Natsume Soseki. This short list was not unusual for a Tokkotai [=Kamikaze-Auserwählter]. Ohnuki-Tierney mentions a suicide pilot who read not only as widely, but in English, French, German, Italian, and Sanskrit, too. Others wrote their wills in French and German. Certain authors – Heidegger, Fichte, Hesse – come up in most of the young pilots‘ reading lists, which reveal a common taste for German idealism.

Vielleicht hätten sie weniger Fichte und Heidegger, sondern mehr Hume und Frege lesen sollen. Nachzutragen bleibt noch der Titel des Buches von Emiko Ohnuki-Tierney, der diese Thematik erschöpfend behandelt: Kamikaze, Cherry Blosoms, and Nationalists: The Militarization of Aesthetics in Japanese History (University of Chicago Press). An dem Buch ist laut Ian Buruma nichts auszusetzen, wenn man von den zu vielen Bourdieu-Zitaten absähe.

* Der Artikel ist mittlerweile Teil des kostenpflichtigen Archivs der NYRB.

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